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Die Astronomie-Seiten von Mario Weigand

Partielle Sonnenfinsternis über Deutschland 2015

Sonnenfinsternisse sind aus geometrischen Gründen eigentlich häufiger als Mondfinsternisse, jedoch ist der Schattenkegel des Mondes relativ klein und überstreicht immer nur einen Teil der Erdoberfläche. Daher kommt das subjektive Empfinden, dass Sonnenfinsternisse viel seltener sind – selbst partielle. Am 20. März 2015 stand eine partielle Sonnenfinsternis auf dem Plan, die von Deutschland aus zu beobachten war. Immerhin 74% Bedeckungsgrad waren angesagt – das musste also „in den Kasten“!

Standort-Chaos
Für mich gehört neben der Fotografie mit möglichst hoher Detailauflösung auch immer die Komposition mit etwas Irdischem im Vordergrund – Natur, Landschaft oder schöne Gebäude. Dies ergibt bei der Standortsuche, die wegen des Wetters manchmal schon eine Herausforderung ist, noch eine zusätzliche Schwierigkeit.

Da bei dieser Finsternis der Bedeckungsgrad umso höher war, je weiter nördlich man sich in Deutschland befand, fassten Steffen Behnke (TaunusUniversum.de) und ich relativ früh der Beschluss, gen Nordseeküste zu fahren. Wie so oft kam es anders. Die Wettervorhersagen änderten sich noch wenige Tage vor dem Ereignis beträchtlich, sodass eine sichere Standortplanung bis einen Tag davor einfach nicht möglich war. Unser Zielgebiet sprang munter von Norddeutschland („Sichelsonne über Nord- oder Ostsee sähe doch großartig aus…“) südwärts zum Rheintal, um letztendlich doch nur „um die Ecke“ zu fahren. Denn am Vorabend war für den Rhein auf einmal Nebel angesagt und der mühsam über Google Maps ausgesuchte Platz mit Blick über das Rheintal musste wieder über Bord geschmissen werden. Gelandet sind wir letztlich bei der Ronneburg – nur ca. 25 km von meinem Wohnort entfernt… Diese ergab letztlich auch eine schöne Kulisse für ein Verlaufskomposit mit Vordergrund! Zudem war der Aufwand auch geringer... Also stellte sich wieder Zufriedenheit ein. Doch Murphy („was schief gehen kann, geht auch schief“) war noch nicht fertig mit uns!


Am Beobachtungsplatz auf einem Feldweg unterhalb der Burg angekommen, bestimmten wir zunächst per Peilung über einen Kompass den optimalen Standort. Der wurde dadurch definiert, dass die Sonne sich im Laufe der Finsternis von 127° nach 166° Azimut bewegte und der Verlauf sich schön mit Vordergrund samt Burg in einem Bild kombinieren lassen sollte.

Fotografische Ziele
Auf drei Arten hatte ich mir vorgenommen, die Finsternis fotografisch zu dokumentieren:

Technik-Panne
Nun ging es an den Aufbau des gemeinsamen Setups: die 10Micron GM2000-Montierung auf dem massiven Stahlstativ stand wie gewohnt innerhalb weniger Minuten. Für die Nordrichtung verließen wir uns auf eine Kompass-Peilung über das Achsenkreuz – für die kurzen Belichtungszeiten genau genug. Auf der Montierung: Für Weißlicht kam ein Pentax 105/670 SDP Astrograph samt Baader Fotofolie und Canon-DSLR zum Einsatz. Huckepack montierten wir einen Vixen FL-Apo mit 80 mm Öffnung, der durch den vorgesetzten Coronado SolarMax 60 H-Alpha-Filter jedoch etwas abgeblendet wurde. Die H-Alpha-Aufnahmen erfolgten per Video-Sequenzen mit einer PointGrey-Kamera. Die Parallelität beider Geräte konnten wir mit einem Baader Stronghold herstellen, der jedoch unerwartet noch mehr zu tun haben sollte.


Alles stand nun also bereit, fehlte nur noch der Strom. Wie gewohnt stellte Steffen in einiger Entfernung den Stromerzeuger auf und versuchte ihn zu starten. Den Startversuchen fügte sich nach wenigen Minuten hörbar schlechte Laune hinzu. Nach unzähligen Einsätzen über mehrere Jahre und bei unterschiedlichsten Witterungsbedingungen funktionierte das Gerät plötzlich nicht mehr. Zwangsläufig mussten wir also die Montierung von Hand nachführen, was mit wohldosierten Rutschkupplungen ganz gut funktionierte. Für die H-Alpha-Videos musste es noch etwas gleichmäßiger laufen und dies funktionierte mit dem Feintrieb des Stronghold sehr gut! Meine Bilder der Finsternis sind, abgesehen von der ohnehin stillstehenden Kamera des Weitwinkel-Verlaufskomposits, also alle von Hand nachgeführt. Rückblickend war die eigentlich auf Faulheit basierende Entscheidung, auf den Coronado-Filter zu setzen, um der Aufwand zu verringern, ein Glücksgriff. Denn erfreulicherweise hatten wir dadurch einen H-Alpha-Filter dabei, der nicht per Heizelement temperiert werden musste!

Murphy Teil 3?
Kurz nach Beginn der Finsternis waren um uns herum auf einmal einige Bauern mit dem Umpflügen ihrer Felder beschäftigt. Dies wirbelte viel Dreck auf und wir mussten befürchten, dass bald ein Traktor direkt vor unseren Geräten vorbeifuhr und sie einstaubte. Das wäre nach Wetter und Technik-Panne Murphys dritter Angriff auf uns gewesen, doch das blieb uns letztlich erspart.

Ein paar Resultate
Verlauf der Finsternis
Vor der Sequenz wird zunächst ohne Sonnenfilter der sorgfältig ausgewählte Vordergrund belichtet. Anschließend kommt ein Sonnenfilter vor das Objektiv. So ist während der Sequenz nur die Sonnenscheibe auf den Bildern zu sehen. In der EBV erfolgt dann die Komposition.


Mit dem Komposit bin ich ganz zufrieden, auch wenn der Verlauf etwas näher an der oberen Bildkante liegt, als von mir beabsichtigt war. Dies liegt daran, dass die wahre Horizontlinie im Allgemeinen nicht zu sehen (nur am Meer…) und nur schwer abzuschätzen ist. Im Nachhinein lautet mein Tipp dazu: Lieber etwas weniger Brennweite einsetzen und ggfs. später das Bild beschneiden!

Weißlicht-Collage
Diese Collage aus fünf Weißlichtbildern zeigt Abschnitte des Verlaufs der Finsternis. Zumindest ein größerer Sonnenfleck und einige Fackeln sind zu sehen.


Mondrand-Komposit
Eine Idee, die mir erst bei der Bearbeitung kam: Fünf Weißlichtaufnahmen wurde so zusammengesetzt, dass möglichst viel vom Mondrandprofil zu sehen ist. Sehr gut sind die Unebenheiten der Mondoberfläche zu sehen.


H-Alpha
Die H-Alpha-Aufnahmen zeigen zumindest eine aktive Region und einige Filamente und Protuberanzen. Auf diesem Bild ist sogar noch eine schwache Bogenprotuberanz am rechten Rand zu sehen. Außerdem erkennt man auch hier gut die Unregelmäßigkeiten des Mondrandes.
Um das Wandern des Mondrandes zu berücksichtigen, musste zunächst immer möglichst schnell der Bereich des Mondrandes gefilmt werden und dann der Rest der Sonne.



Murphy zum Trotz sind wir am Ende mit dem gewünschten Bildmaterial heimgefahren!

Alle Bilder der Finsternis gibt es hier