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Grundlagen der Astrofotografie: Reducer

DSLR mit Reducer davor
Hinweis: Für Formeln verwende ich auf dieser Seite MathML, was leider noch nicht von allen Browsern unterstützt wird.

Früher oder später kommt bei vielen Astrofotografen der Wunsch nach einer "schnelleren" Optik, also einem Teleskop mit einer kleineren Blendenzahl F auf. Denn eine kleinere Blendenzahl verspricht ein besseres Signal/Rausch-Verhältnis (SNR), das bei der Erstellung sehr tiefer Deep-Sky-Aufnahmen hilft. Je schwächer ein Objekt, desto herausfordernder ist seine Trennung vom Bildrauschen. Eine besonders tiefe Aufnahme zeigt sehr schwache Sterne oder diffuse Objekte. Oder es sollen einfach die Belichtungszeiten verkürzt werden.
Der Weg zu einem kleineren F führt über zwei Optionen: kleinere Brennweite oder größere Öffnung. Im Allgemeinen ist die erste Variante der kostengünstigere und bedeutet die Anschaffung eines "Reducer". Option zwei wäre die Anschaffung eines neuen, größeren Teleskops. Aber bekommt man mit einem Reducer wirklich »mehr Signal« auf den Chip, wie in den Weiten des Internets oft zu lesen ist?

Tiefere Astrofotos dank Reducer?

Klar ist zweifellos: nur das gesammelte Licht entscheidet über die Tiefe eines Bildes, alles andere wäre Zauberei. Und die Menge des Lichts, die mit einer CCD-Kamera registriert wird, hängt maßgeblich von diesen Faktoren ab:

Sekundäre Faktoren mit mehr oder weniger großem Einfluss sind z.B. die Transmission der Optik oder die Transparenz des Himmels, die hier jetzt aber keine Rolle spielen.
Ausflug in die Alltags-Fotografie
Bei der Alltags-Fotografie scheint die Situation anders zu sein. Fotografen variieren bei konstanter Brennweite die Blendeneinstellung, um eine Anpassung an die jeweiligen Lichtverhältnisse zu erreichen. Foto-Objektive besitzen Irisblende, deren Durchmesser sich mit der Blendeneinstellung ändert und somit die Öffnung der Optik. Es wird hier also tatsächlich die Lichtmenge auf dem Sensor beeinflusst!
Bei der Astrofotografie mit Weitwinkel- und Teleobjektiven ist folgendes also korrekt: Jedem Astrofotograf, der in die DSLR-Fotografie einsteigt, wird das natürlich schnell anhand des Rauschverhaltens der Bilder klar. Bleibt noch zu erklären, was beim Einsatz eines Reducers anders ist.
Wirkung eines Reducers am Teleskop
Mit einem Reducer wird die Brennweite des Teleskops verkürzt. Der Öffnungsdurchmesser ändert sich allerdings nicht und damit auch nicht die gesammelte Lichtmenge. Was sich jedoch ändert ist die Darstellungsgröße der Objekte und damit die Demnach gibt es nur für einzelne Pixel eine Verbesserung der Photonenstatistik, für das Objekt insgesamt jedoch nicht. Und dies ist demnach auch nur für aufgelöste, flächige Objekte gültig, die mehrere Pixel einnehmen. Bei Punktquellen, also nicht aufgelösten Objekten (Sternen) hat auch die Änderung des Abbildungsmaßstabs (Sampling) per Reducer keinen Einfluss. Hier hilft wirklich nur eine größere Öffnung.

Festzuhalten bleibt zumindest, dass sich bei flächigen Objekten die nötige Belichtungszeit um den Faktor k verändert, um ein bestimmtes SNR zu erzielen:
k= FverkürztFnormal 2 = (Reducer-Faktor)2
Beispiel: Ein Reducer mit Faktor 0,75 führt zu einer Verkürzung der Belichtungszeit auf etwas mehr als der Hälfte. Wird die Belichtungszeit konstant gehalten, zeigen flächige Objekte wie Nebel ein um den Kehrwert des Reduzierfaktors besseres SNR. In diesem Beispiel verbessert sich das SNR also um den Faktor 1,33 gegenüber der normalen Brennweite. Dies führt zu einem deutlich "glatteren" Bild.
Der Preis für ein besseres SNR: Auflösungsverlust
Die Verbesserung des Rauschverhaltens hat jedoch ihren Preis, denn im Zuge der Brennweitenverkürzung Dies bedeutet einen Informationsverlust und die Körnigkeit durch das Photonenrauschen wird äquivalent zur Verwendung größerer Pixel eigentlich nur "versteckt".

Reducer-Einsatz am Beispiel Mond
Manche EBV-Programme bieten ein Software-Binning das im Nachhinein angewendet werde kann. Jedoch verbessert sich dabei nicht das Verhältnis von Objektsignal zum Rauschen der einzelnen Pixel, was auch im folgenden Bildbeispiel erkennbar ist.

Reducer-Einsatz am Beispiel Mond
Echtes Pixel-Binning wäre allerdings eine Option – über seine Wirkung habe ich hier ("CCD: Über das Pixel-Binning") etwas geschrieben.

Wozu dann einen Reducer?

Es bleibt nach vorangegangener Betrachtung die Frage, ob es auch gute Gründe für den Einsatz eines Reducers gibt. Bei manchen Szenarien ist dies tatsächlich sinnvoll:

Grenzfall schwache flächige Objekte
Ob der Reducer das geeignete Werkzeug ist, hängt primär von den Zielsetzungen des Astrofotografen ab. Bei Fotomotiven mit sehr geringer Helligkeit vergrößert sich der Abstand von Kamera-Rauschen zum Objektsignal, da jeder Pixel mehr Photoelektronen im Verhältnis zur Anzahl der Rauschelektronen empfängt. Ist das primäre Ziel der Nachweis besonders lichtschwacher Strukturen wie z.B. Emissionsnebel bei der Schmalbandfotografie, der "Integrated Flux Nebula" oder Gezeitenschweife zwischen wechselwirkenden Galaxien, dann steht ggfs. das SNR im Vordergrund und weniger die räumliche Auflösung.
Natürlich ist ein Teleskop mit größerer Öffnung die beste Lösung, um einen besseren Rauschabstand zu erreichen. Eventuell ist dies aus verschiedenen Gründen aber nicht realisierbar. Analog zum Vorteil des Pixel-Binnings kann durch einfaches nachträgliches Verkleinern einer Aufnahme ohne Reducer per EBV nicht der gleiche Effekt erzeugt werden. Ein Punkt für den Reducer.
Seeing & Pixelgröße
Manche kompakte Deep-Sky-Objekte benötigen um auf Aufnahmen "richtig zu wirken" und Details preiszugeben relativ lange Brennweiten. Recht beliebt sind hierfür beispielsweise Ritchey-Chrétien-Teleskope, kurz RCs, deren Brennweiten typischerweise bei 2000 mm oder mehr liegen.
Ihre Besitzer werden in Deutschland jedoch leider nicht selten mit Seeing-Bedingungen konfrontiert, die – je nach gewählter Pixelgröße – ein richtiges "Ausfahren" dieser Optiken nur selten erlauben. In den meisten Nächten sind die Sternabbildungen sehr "weich" und unscharf. Die Sterne werden von den Luftunruhen über mehrere Pixel verschmiert und die lange Brennweite bringt gegenüber kürzeren Geräten überhaupt keinen Gewinn. Da ist die beste Option, auf ein kleineres Teleskop und eine ganz andere Motivart zu setzen. Klare Nächte sind schließlich viel zu selten, um ungenutzt zu bleiben!
Ein Reducer ist dann natürlich die günstige Alternative zu einem Geräte-Zoo mit der passenden Optik für jedes Seeing. Eine Bildverlkeinerung in der EBV ist hier natürlich möglich, jedoch punktet der Reducer hier, weil mit ihm ein größeres Bildfeld realisiert wird.
Motivwahl
Nicht zuletzt steht für den Astrofotografen auch eine ästhetische Bildgestaltung im Vordergrund und somit eine gute Wahl des Bildausschnitts. Einige Objekte bedürfen eventuell eines größeren Bildfeldes, was mit einem Reducer vielleicht im richtigen Maße erreicht wird.

Zusammengefasst

Der Reducer kann ein wichtiges Mittel zur Anpassung der Brennweite sein, um folgendem Rechnung zu tragen:

Reducer sind auch gewinnbringend für ein Dies bringt allerdings einen mit sich. Ansonsten zählt nur eines: möglichst viel Öffnung!