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CCD: Über das Pixel-Binning

Hinweis: Für Formeln verwende ich auf dieser Seite MathML, was leider noch nicht von allen Browsern unterstützt wird.

Wer in die CCD-Fotografie einsteigt, begegnet recht bald dem Begriff "Binning". Damit wird das Zusammenfassen eines meist quadratischen Bereichs benachbarter Pixel beim Auslesen der Daten bezeichnet, wobei üblicherweise Pixelgruppen von 2×2, seltener auch 3×3 vereint werden (2-fach-, bzw. 3-fach-Binning). Es ist damit möglich, die in den Pixeln eines CCD-Chips gesammelten Ladungen auf verschiedene Arten auszulesen, was Einfluss auf das Signal/Rausch-Verhältnisses (SNR), also das Verhältnis von Objekt- zu Störsignalen hat. Interessant ist das Binning also für den Nachweis besonders schwacher Objekte, bei denen es auf ein möglichst gutes SNR. Auf der anderen Seite ändert sich jedoch das Sampling (Bogensekunden pro Pixel) und reduziert sich somit die Auflösung, die Detailwiedergabe des Bildes verschlechtert sich. Die Sinnhaftigkeit dieses Schritts muss der Fotograf in Abhängigkeit seiner Zielsetzung beurteilen.

Funktionsweise des Pixel-Binnings

Im Folgenden sind die Unterschiede zwischen dem normalen Ausleseverfahren und dem mit Binning schematisch dargestellt; links jeweils ohne, rechts mit 2-fach-Binning.

Zunächst werden in beiden Fällen 2×2 Pixel gleichmäßig mit einem Stern-Scheibchen (heller Fleck) belichtet und sammeln je zehn Elektronen.
Danach beginnt der Auslesevorgang durch verschieben der Elektronen zum hier in Rot dargestellten Ausleseregister. Beim Auslesen werden die Ladungen im Register nach rechts zum Verstärker geschoben.
Im dritten Schritt fangen nun die Unterschiede zwischen beiden Verfahren an.

Ohne Binning werden die Ladungen für jeden Pixel einzeln zum Verstärker nach rechts verschoben.
Mit Binning wird gleich die nächste Zeile in das Register geschoben und zur ersten addiert.

Durch horizontale Verschiebung im Register werden die Ladungen der Pixel einzeln und Zeile für Zeile in den Verstärker geschoben, was hier im Beispiel ein paar Schritte mehr benötigt als beim Binning.
Durch horizontale Verschiebung im Register werden beim Binning schließlich die Ladungen aller vier Pixel im Verstärker gesammelt und danach gemeinsam verstärkt.

Die im Beispiel eingesparten Arbeitsschritte machen sich jedoch nicht in der Ablaufgeschwindigkeit bemerkbar. Deutliche Geschwindigkeitsvorteile gebinnter Aufnahmen ergeben sich hingegen aus der kürzeren Download-Zeit aufgrund der geringeren Datenmenge.

CCD-Binning, Rauschquellen und SNR

Nach obiger Darstellung könnte der Gedanke aufkommen, die Aufnahmen bei Bedarf einfach im Nachhinein bei der Bildverarbeitung zu verkleinern und so die Helligkeitswerte mehrerer Pixel zu kombinieren. Doch dies ist leider nicht dasselbe, wie im Folgenden klar werden soll.

Um die Wirkung des Binnings zu verstehen, betrachtete man zunächst die Bestandteile, aus denen die Helligkeitswerte, die die einzelnen Pixel am Ende einer Aufnahme liefern, bestehen. Das störende Rauschen in einem CCD-Bild hat verschiedene Ursachen. Zunächst einmal belichten wir natürlich zum Teil viele Stunden, weil wir von den Objekten einfach sehr wenig Licht empfangen. Die Photonen rieseln wie Regen auf den Sensor und bis die Aufnahmen eine "glatte" (= rauscharme) Helligkeitsverteilung zeigen, braucht es einige Zeit.

Neben dieser reinen Photonenstatistik, die sich mit dem Ausleseverfahren natürlich nicht beeinflussen lässt, entsteht das Rauschen teilweise auch direkt in der Kamera-Elektronik. Das offensichtlichste ist das thermische Rauschen, das mithilfe des Kühlsystems so gut es geht reduziert wird.
Weiterhin entsteht Rauschen aber auch während Signalauslese und -verstärkung in jedem Pixel individuell: das Ausleserauschen. Es ist ebenfalls zufälliger Natur, womit sich das Signal/Rausch-Verhältnis genau wie beim Photonenrauschen mit der Wurzel der Bildanzahl n verbessert.

SNRn
Bei einer Pixelgruppe aus 2×2 Pixeln fällt dieses Rauschen ohne Binning für alle vier beteiligten Pixel an. Wenn die Werte der vier Pixel nachträglich zusammengefasst werden, summiert sich das Rauschen der Pixel mit der Wurzel der Quadratsumme:
σtotal= σ12+ σ22+ σ32+ σ42
Dabei sind σi die Rauschelektronenanzahlen der einzelnen Pixel und σtotal das Rauschen des gesamten Bereichs ohne Binning-Verfahren. In einem Gedanken-Experiment werden aus einem Rauschelektron pro Pixel demnach also zwei Elektronen nach Pixel-Kombination. Angenommen jedes der vier betrachteten Pixel enthielte ein Elektron Objektsignal, so summiert sich dieses linear zu vier Elektronen. Das SNR ist somit 4:2. Das ist eigentlich schon ein Fortschritt gegenüber dem Einzelpixel mit einem SNR von 1:1 in diesem Beispiel. Das Bild wird also – unter Inkaufnahme des Auflösungsverlusts – tatsächlich "glatter". Jedoch geht es noch besser!

Denn das Verfahren beim Auslesen ändert sich mit Binning: Bevor es zur Signal-Verstärkung kommt fasst das Register die Ladungen der Pixel zusammen. Somit fällt das Rauschen lediglich einmal für die Summe an! Im vorigen Beispielfall bedeutet dies ein Rauschelektron gegenüber vier Elektronen des Objektsignals. Das SNR des Ausleserauschens ist mit 4:1 also um Faktor 2 besser als bei der einfachen Bildverkleinerung!

Anmerkung: Äquivalent dazu ist übrigens die Verwendung einer Kamera mit größeren Pixeln oder einer "schnelleren" Optik. In allen Fällen erhöht sich die Anzahl der Photonen pro Pixel und verbessert sich demnach das Verhältnis von Objektsignal zu Ausleserauschen.

Beispiel
Hier ein Ausschnitt des Nordamerika-Nebels ohne, mit 2-fach- und mit 3-fach-Binning (v.l.n.r.). Beim Binning reduziert sich die Auflösung und verbessert sich im Gegenzug das Signal-zu-Rausch-Verhältnis. Für eine größere Darstellung auf das Bild klicken!

Ausschnitt des Nordamerika-Nebels
Ausleserauschen spielt nicht immer eine Rolle
Wie Relevanz des Ausleserauschens ist anhand einiger technischer Angaben abschätzbar. Für manche Sensoren wird das Ausleserauschen explizit angegeben uns ist typischerweise in der Größenordnung von 10 Elektronen. Gleichzeitig können Pixel wenige 10.000 Elektronen aufnehmen ("Fullwell Capacity"), bevor die Sättigung erreicht wird. Folglich fällt das Ausleserauschen bei hellen, bzw. gut ausbelichteten Objekten kaum ins Gewicht. Sehr schwache Nebel können aber beispielsweise profitieren.
Software-Binning
Manche Programme zur Astro-Bildverarbeitung bieten die Option eines nachträglichen Binnings. Nun sollte jedoch klar sein, warum dieses Software-Binning nicht gleichwertig ist. Erreicht wird zwar ein besseres Rauschverhalten, jedoch ohne Optimierung des Ausleserauschens.

Anwendungsfälle

Grobfokussierung
Mit Hilfe des CCD-Binnings können Arbeitsschritte am Anfang bei der Deep-Sky-Fotografie vereinfacht und beschleunigt werden. Dank der kürzeren Auslese- und Downloadzeiten geht die grobe Fokussierung mit 3-fach-Binning sehr schnell.
Bildausschnitt bei schwachen Objekten
Durch das verbesserte SNR werden schwache Objekte schon mit wenigen Sekunden Belichtungszeit sichtbar. Dies erleichtert das Einstellen des Bildausschnitts.
LRGB-Verfahren
Manche Fotografen nutzen das 2-fach-Binning auch für LRGB-Komposite. Der Trick besteht darin, dass mit den Farbaufnahmen das Bild lediglich gefärbt wird und die Details ausschließlich von der Luminanz eingebracht werden. Eine schlechtere Farbauflösung wird vom Betrachter nämlich nicht wahrgenommen. Das Binning in den Farbkanälen reduziert das "Farbrauschen" des Bildes, ohne das Ergebnis erkennbar negativ zu beeinflussen.

Messende Astronomie: Kleinplaneten
Das Pixelbinning kann auch bei der Kleinplanetensuche gewinnbringend sein. Das Besondere ist nämlich die relativ schnelle Bewegung der Kleinplaneten. In der Praxis bewegen sich Kleinplaneten meist schon im Laufe weniger Minuten von einem Pixel zum nächsten. Längere Belichtungszeiten können das SNR dann natürlich nicht mehr verbessern. Bei lichtschwachen Objekten kann das SNR durch Pixelbinning noch etwas verbessert werden. Dies bedeutet gleichzeitig natürlich Abstriche bei der Genauigkeit der Astrometrie aufgrund des gröberen Samplings.

Wann Pixel-Binning nicht genutzt werden kann

Farb-Sensoren
Die Pixel von Farbkameras sind abwechselnd mit Rot-, Grün- und Blaufiltern ausgestattet (Bayer-Matrix). Beim Binning würden also Pixel mit unterschiedlichen Farbinformationen Kombiniert werden, was nicht sinnvoll ist. Lediglich das weniger wirkungsvolle, nachträgliche Software-Binning ist möglich.

Bayer-Matrix
CMOS-Chips
Aufgrund ihrer grundlegenden technischen Eigenschaften ist bei CMOS-Chips kein echtes Binning möglich. Die Pixel eines CMOS-Chips verfügen nämlich alle über ihren eigenen Signalverstärker und können somit nur einzeln ausgelesen und verstärkt. Das gewünschte Ausleseverfahren und eine damit verbundene Reduktion des Ausleserauschens ist nicht möglich. CCD-Chips sind diesbezüglich also im Vorteil.
Der Reiz des CMOS besteht jedoch in der variablen Verstärkung ("Gain") VOR dem auslesen, was auch wieder von Vorteil ist. Manche Kamerahersteller zeigen für ihre Modelle Diagramme für die Rausch-Stärke in Abhängigkeit der Verstärkung.