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DSLR: Was der ISO-Wert bewirkt

Der ISO-Wert ist bereits aus der analogen Fotografie mit Film bekannt und gab damals die Empfindlichkeit des Films an. Damals war es so, dass mit dem Wechsel des Films auch tatsächlich der "Sensor" ausgetauscht wird.
Heutige DSLR-Kameras ermöglichen den Wechsel des ISO-Wertes von Aufnahme zu Aufnahme. Doch hier bleibt der lichtempfindliche Chip ein und derselbe. Seine Empfindlichkeit kann sich eigentlich nicht ändern, wodurch natürlich die Frage aufkommt, was die ISO-Einstellung bewirkt. Aus der Astrofotografie mit CCD-Kameras ist ein solcher Parameter zudem nicht bekannt, hier möchte man einfach nur eine möglichst hohe Quanteneffizienz haben – was ist bei DSLRs anders?

ISO steuert die Signalverstärkung

Zum Prozess der Signalverarbeitung in digitalen Kameras gehört auch die Signalverstärkung. Bei DSLR-Kameras wird diese Verstärkung über den ISO-Wert verändert. Eine Verdopplung des ISO bedeutet auch eine Verdopplung der Verstärkung. Es ist also einfach ein Multiplikator. Könnte das nicht auch in der EBV erledigt werden?

CCD vs. CMOS
Entscheidend zum Verständnis ist nun, dass bei DSLR-Kameras üblicherweise keine CCDs, sondern CMOS-Sensoren zum Einsatz kommen. Der Sinn der ISO-Einstellung ist in deren Aufbau begründet.
CCD
Bei CCD-Sensoren werden die gesammelten Ladungen in ein Ausleseregister verschoben und anschließend verstärkt.

Signalkomponenten eines CCD-Chips mit Objektsognal, Offset und Dunkelstrom
Damit werden die folgenden Signalkomponenten verstärkt: Es wird also nicht nur das reine Objektsignal verstärkt, sondern auch die Rauschkomponenten. Eine Erhöhung der Verstärkung ändert also nichts am Rauschverhalten.
CMOS
Der CMOS-Sensor funktioniert etwas anders, man spricht hier auch von einem "active pixel sensor".

Signalkomponenten eines CCD-Chips mit Objektsognal, Offset und Dunkelstrom
Jeder Pixel ist nämlich mit seinem eigenen Verstärker ausgestattet. Die Verstärkung erfolgt dadurch vor dem Auslesevorgang und betrifft somit nur folgende Komponenten: Da der Dunkelstrom bereits in den Pixeln entsteht, wird er auch beim CMOS ebenso wie das Objektsignal verstärkt. Das Ausleserauschen fällt nun hingegen erst nach der Verstärkung an und ist daher nicht von der ISO-Einstellung abhängig! Was dies in der Praxis bedeutet, soll im Folgenden skizziert werden.
Beispiel-Szenario
Diese Grafik zeigt eine beliebige Pixelreihe mit verschiedenen Signalkomponenten, wobei wir am Ende die Kombination, also die weiße Helligkeitsverteilung aus der Kamera bekommen:

Signalkomponenten eines CCD-Chips mit Objektsognal, Offset und Dunkelstrom
Das Objektsignal ist hier in Rot dargestellt, wobei es der Einfachheit halber auch den Dunkelstrom enthält, da sich beide in der Signalverarbeitung ohnehin nicht trennen lassen. Erkennbar sind, neben der Himmelshelligkeit auf Level ≈ 20, die Profile zweier Sterne. Das Ausleserauschen ist in Blau eingezeichnet. Auch wenn der schwächere Stern im reinen Objektsignal gut zu erkennen ist, wird er in der Summe aufgrund des Ausleserauschens unsichtbar – das schwache Signal versinkt im Rauschen.

Nun erhöhen wir die Signalverstärkung um Faktor vier, was z.B. einem Wechsel von ISO 100 zu ISO 400 entspräche.

Signalkomponenten eines CCD-Chips mit Objektsognal, Offset und Dunkelstrom bei höherer Chip-Temperatur
Bei der Vertärkung ändern sich die Werte von Objektsignal + Dunkelstrom, jedoch nicht das Ausleserauschen. Die Himmelshelligkeit liegt nun auf Level ≈ 80. In der Summe schafft es der schwächere Stern nun über das Rauschniveau und sollte sichtbar sein. Dies wirkt nun tatsächlich wie eine Erhöhung der Empfindlichkeit, wobei es eigentlich um die Auswirkung von Fehlern in der Signalverarbeitung geht. Bei Astro-CMOS-Kameras gibt es übrigens ebenfalls eine variable Verstärkung, hier "Gain" genannt.
Nachteile?
Deutlicheres Rauschen
Eine höherer ISO-Wert bringt natürlich nicht nur Vorteile. Da auch das Photonenrauschen und der Dunkelstrom verstärkt werden, wird das Bild natürlich auch rauschiger, was auch den allgemeinen Praxiserfahrungen entspricht. Bei genauem Hinsehen zeigt das obige Beispiel im verstärkten Fall einen unruhigeren Himmel als vor der Verstärkung.
Helle Objekte
Das obige Beispiel zeigt im Grunde auch, welche Probleme bei helleren Objekten auftreten können. Der hellere der beiden Sterne stößt im verstärkten Fall an das obere Ende des Wertebereichs und wäre damit ausgebrannt. Dies bedeutet also, dass die Darstellung unterschiedlicher Helligkeitswerte eingeschränkt wird. Durch die erhöhte Verstärkung wird ein kleinerer Teil des Wertebereichs in ein immer gleich großes Helligkeitsregister, z.B. 16 bit mit Werten von 0 (schwarz) bis 65.536 (weiß) einsortiert.
ISO (Gain) bei CCDs nutzlos?
Auch bei CCDs ist die Signalverstärkung durchaus sinnvoll, um die z.B. dunkle Objekte optimal im Dynamikraum abzubilden. Als Analogon dazu kann man sich die Graustufen des 8-bit- und des 16-bit-Farbraumes vorstellen.
Daher besitzen auch CCDs einen – meist ab Werk fest eingestellten – Verstärkungsfaktor. Aufgrund dieses Faktors entsprechen die Pixelwerte in den Aufnahmen nicht der Anzahl der aufgetroffenen Photonen. Deshalb gibt es die Einheuít ADU (Analog Digtal Unit), die nur mit bekanntem Verstärkungsfaktor in die tatsächliche Signalzahl umgerechnet werden kann.
Fazit
Die ISO-Einstellung bei DSLR-Kameras bewirkt tatsächlich mehr als ein einfacher Skalierungsfaktor, ändert aber nicht die Empfindlichkeit des Chips.